„Ich habe Depressionen. Schwere. Sie hindern mich am Leben“
Das zu sagen geht fast nicht.
Zu sagen, dass man einen Bänderriss im Knie hat, weil man Ski fahren war, das ist ok. Man kann auch sagen, dass man einen schweren Herzfehler hat. Schlimm, ja, aber was will man machen? Das Schicksal ist eben ein Arschloch. Aber zu sagen, dass man ein psychisches Problem hat, eines, dass einem das Leben schwer macht, das kann man nicht. Da werden die Augenbrauen in schwindelerregende Höhen gezogen und es kommen hilfreiche Kommentare wie: „Ein bisschen zusammenreißen“, „Das Leben wieder in die Hand nehmen und was daraus machen“ oder „Du willst ja gar nicht, dann kann es ja auch nicht besser werden“. Solche Dinge hört man dann. Nicht, dass es scheiße gelaufen ist, nicht, dass man ja selbst nicht dafür kann. Nein.
Ich muss mich fast dafür entschuldigen, dass ich krank bin. Es ist mir aber auch einfach passiert. Ich habe es mir bestimmt nicht ausgesucht! Ich war nicht schusselig und bin über einen Ast gestolpert und habe mich dabei den Kopf angeschlagen, es war einfach da! Und so schön ist es auch nicht. „Liegst doch den ganzen Tag nur im Bett rum, was willst du dich denn beschweren?!“ Ja, aber warum liege ich da? – Weil es so toll ist? Klar, liege ich auch mal ganz gerne länger im Bett, mit einer Tasse Tee und einem guten Film. Aber ich liege da oft, weil ich nicht aufstehen kann, weil die Welt draußen mir so eine Angst macht, dass ich es einfach nicht kann! Ich hasse mich dafür, ich will das nicht. Ich will aufstehen können, munter in den Tag starten, in die S-Bahn steigen, die Leute beobachten, in die Uni gehen, lernen und abends dann fertig ins Bett fallen und auf einen erfolgreichen Tag zurückblicken.
Und was ist in Wirklichkeit mit mir? Ich habe schon fast keine Kraft aus dem Bett zu steigen, weil die Welt mir Angst macht und ich weiß, dass ich den Tag nicht gut verbringen werde. In den Spiegel kann ich schon lange nicht mehr sehen, die Leute in der Bahn machen mir Angst, an die Uni konnte ich schon lange nicht mehr, weil es mich daran erinnert, wie ich versage, auf einen erfolgreichen Tag kann ich abends auch nicht zurückblicken.
„Und, was machst du jetzt?“ Eine Frage vor der ich immer so eine Angst habe. Ja, was mache ich? Ich versuche jeden Tag zu überleben.
„Geh‘ doch raus und unternehme etwas, dann geht es dir auch gleich besser!“ Ach, so einfach ist das? Und was, wenn ich vor diesem „draußen“ Angst habe? Angst habe, dass die Menschen fragen, was ich mache? Angst habe, dass ich allen eine Last bin? Alle anderen mit runterziehe. Ich will niemandem zur Last fallen, genau das hat alle meine Freunde vertrieben. Wer will schon jemandem am Bein haben, der immer traurig ist, der mache Tage nicht aus dem Haus kann, der nicht auf alle Fragen antworten kann? Und ich habe nicht die Kraft, für die Freundschaften zu kämpfen.
Und so bin ich hier in meinr kleinen Welt gefangen. Gefangen durch eine Krankheit für die ich nichts kann, wegen der ich aber immer bestraft werde.